Научная статья на тему 'Zur westkyrillischen Stifterinschrift aus Povlja (1184)'

Zur westkyrillischen Stifterinschrift aus Povlja (1184) Текст научной статьи по специальности «Языкознание и литературоведение»

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Ключевые слова
ДАЛМАЦИЯ / КИРИЛЛИЧЕСКАЯ ЭПИГРАФИЯ / НАДПИСЬ ИЗ С. ПОВЛЯ НА О-ВЕ БРАЧ / ТЕРМИНОЛОГИЯ КТИТОРСТВА / ECCLESIA PROPRIA

Аннотация научной статьи по языкознанию и литературоведению, автор научной работы — Sobolev A.N.

Средневековая глаголическая и кириллическая эпиграфика Западных Балкан предоставляет богатый материал по истории и взаимодействию языков и культур региона. В статье с опорой на новейшие сведения о бытовавшем в Западной Европе институте ecclesia propria предлагается предпочесть интерпретацию поврежденного места в кириллической ктиторской надписи из с. Повля на о-ве Брач как честъникъ ‘particeps; совладелец доли в церкви’.

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Текст научной работы на тему «Zur westkyrillischen Stifterinschrift aus Povlja (1184)»

A. N. Sobolev

ILS RAS — SPbSU, St. Petersburg — Philipps-Universität Marburg, Marburg

... I ДА БУДУ ЧЕСТЪНИКЪ СЕ1ЦРЬКЪВЪ.

ZUR WESTKYRILLISCHEN STIFTERINSCHRIFT AUS POVLJA (1184)1

Die Erforschung der mittelalterlichen südslavischen glagolitischen und kyrillischen Steininschriften, die allgemein zu den wichtigsten Quellen der historischen Sprachwissenschaft gehören, erfreut sich in der letzten Zeit sowohl der neuen vielversprechenden Funde [Kapetanic, Zagar 2001; Paun, Zagar 2004; Cuncic 2009; CunciC, Perkic 2009; Соболев 2016] und neuen wertvollen Sammlungen [Mihaljcic, Steindorff 1982; Popkonstantinov, Kronsteiner 1994, 1997; Чигф 1998; Popa 1998], als auch der neuen, obwohl meist durch nationalphilologische Ansichten geprägten Synthesen [Fucic 1999; Katicic 1999; Steindorff 2005], vgl. jedoch [Lomagistro 2008; Sobolev 2009; Афанасьева и др. 2016]. Weil der entscheidende Vorteil der Quellen dieser Art bekanntlich durch ihre stabilitas loci gesichert ist, erlaubt die eingehende paläographische und orthographische, sprachhistorische, textlinguistische und funktionale Analyse der einzelnen Inschriften und ihrer Parallelen, in den breiteren Kulturkontext ihrer Epoche gestellt, letztendlich fundierte Aussagen über die zeitgenössische Sprache, über Schrifttum, Literatur, über die materielle und geistige Kultur der Bevölkerung der jeweiligen Gegend zu treffen.

1 Der Autor ist leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter des Institutes für linguistische Forschung der Russischen Akademie der Wissenschaften und Professor für Slavistik und Balkanologie an der Staatlichen Universität St. Petersburg. Die Untersuchung erfolgte im Rahmen des Forschungsprojektes der Russischen wissenschaftlichen Stiftung («Zwischen Separation und Symbiosis: Sprachen und Kulturen Süd-Osteuropas im Kontakt», № 14-18-01405). Für wertvolle Konsultationen und Zusendung der weniger zugänglichen Literatur bedankt sich der Verfasser bei den Kollegen Ludwig Steindorff (Kiel), Aleksandar Jakir (Marburg), Dragica Malic, Milan Mihaljevic und Mateo Zagar (Zagreb).

Seit den 70-er Jahren des 12. Jahrhunderts erlebten Bosnien, Hum, Zeta und Raska eine wirkliche Blütezeit der Kirchengründungen durch die lokalen Fürsten und Machthaber, worüber uns folgende kyrillische Bauinschriften berichten: Ktitorski natpis Kulina bana kod Visokog (1185), Ktitorsko-nadgrobni natpis sudije Gradese kod Zenice (1180-1204), Ktitorski natpis kneza Miroslava u Bijelom Polju (1170— 1190) und Ktitorski natpis Stefana Nemanje kod Novog Pazara (1170— 1171) [Чигсуа 1998]. Wie bekannt, entwickelte sich in orthodoxen Gebieten, also in Byzanz, dem mittelalterlichen Bulgarien und Raska (Serbien) ein kulturelles und religiöses Patronatskonzept eines ктитор (Serbisch und Bulgarisch, vom gr. кгпозр < KtiZrn 'bauen', vgl. auch Kxioxrnp fundator'; oft falsch mit ктцтюр 'Besitzer' < Kräojuai 'sich anschaffen, erwerben' in Verbindung gebracht): so wurde und wird immer noch eine Privatperson genannt, die aus eigenen Mitteln eine Kirche baut oder renoviert und sich dadurch verpflichtet, sie zu erhalten, zu versorgen und vor Übergriffen zu schützen; dafür bekam der ктитор das Recht, die inneren Regeln vorzuschreiben und den Kirchenältesten einzusetzen. Wir können davon ausgehen, daß es hier ausschließlich um das Seelenheil und keine besondere vermögensrechtliche Stellung geht (vgl. dazu das orthodoxe Konzept yojiKÖw, задужбина).

Die Verbreitung der genannten Kirchengründungen und begleitenden Stifterinschriften im westbalkanischen Raum ist eindeutig auf das Wirken des byzantinischen Kulturmodells zurückzuführen, zu dem in den orthodoxen westsüdslavischen Ländern wie Raska auch der Gebrauch der Kyrillitza als offizieller Schrift nach dem bulgarischen Muster gehörte. Funktional und Gattungsmäßig lassen sich diese Inschriften als Stifterinschriften, genauer gesagt als Bauinschriften klassifizieren. In der Regel bestehen sie neben einer Invocatio (Anrufung Gottes), aus einer Intitulatio (die Nennung der stiftenden Personen), einer Hauptmitteilung (die Nennung des gestifteten Sakralobjekts) und der Zeitangabe.

Vor diesem Hintergrund ist die zeitgenössische westkyrillische Baumeister- und Stifterinschrift auf dem Türsturz der Kirche des Benediktinerklosters des hl. Johannes in Povlja auf der Insel Brac (der sog. Povaljski natpis) aus dem Jahr 1184, vom besonderen Interesse2:

2 Nach [Katicic 1999; Steindorff 2005]; anders [ГрковиЬ 1999].

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(1) Ъз[ъ мо]истрь 1ме[н(е)мъ] радон t [съ]здахъ съЪ в[ра]та б(о

г)а г(оспод)а рад! ! да бу[ду чес]тъник[ъ ce]i цр(ь)к(ъ)вЪ

цр(ъ)к(ъв)ъi с(вет)аго иоан[а] кне зь бречъко въложи се бъ^и ч[е]стьникъ еи ! да земле у н ю [по к]онъцу

'Ich, der Meister Radonja, habe diese Tür erbaut, Gottes des Herren wegen und um Anteil zu gewinnen an dieser Kirche der Kirche des heiligen Johannes. Der Fürst Brecko gewann Anteil an ihr und gab ihr die Ländereien auf Konac'.

(nach [Katicic 1999: 543-544]).

Die kyrillischen Buchstaben dieser Inschrift, wie auch diejenigen der oben erwähnten Inschriften aus Bosnien, Hum, Zeta und Ras-ka, gehören ihrem ductus nach zweifelsohne dem sog. westkyrillischen Typ an, der später vor allem im katholischen, bogomilischen und muslimischen Raum in Dalmatien, Herzegovina und Bosnien insbesondere als Urkundenschrift verbreitet war und in der modernen Forschung unter den Namen западна Нирилща 'Westkyrilliza', hrvatska Cirilica 'kroatische Kyrilliza', bosanska Cirilica 'bosnische Kyrilliza' bekannt ist3. Insgesamt bilden diese Inschriften neben den Grabinschriften die Gruppe der ältesten kyrillisch geschriebenen Sprachdenkmälern in Dalmatien, Bosnien, Hum, Zeta und Raska, zu der auch der größte Textteil des Miroslav-Evangeliums gehört; sie stehen in orthographischer Hinsicht für die sogenannte zetsko-humska pravopisna skola. Die wichtigsten Merkmale dieser «Zeta-Hum Rechtschreibung» (das Fehlen der präjotierten Buchstaben und das ЬЪрвь-Zeichen) lassen sich durch die Anlehnung an die glagolitische Tradition erklären; die Ursachen ihres Entstehens sind immer noch nicht geklärt. Im mittelalterlichen Raska entwickelte sich dagegen eine

Diese Schrift veränderte sich in weiterer Geschichte wesentlich stärker als das Kyrillische in orthodoxen Ländern, wo Kyrillitza als Sakralschrift stabiler war. Merkmale der westlichen Kyrillitza, die bis ins 20. Jh. unter dem Namen bosancica überlebte, sind u.a.: das азъ mit verlängertem Abstrich, das gestürzte боукы, das eckige вЪдЪ, das offene како, die Ligatur у für оукъ, der eigene Buchstabe ЬЪрвь und keine Sonderzeichen für die präjotierten Vokale к, a (dafür е, t).

neue, vom direkten Einfluß des Glagolitischen freie Rechtschreibung, die raski pravopis genannt wird und deren Elemente schon in den Sektionen des dijak Grigorije im Miroslav-Evangelium entdeckt werden können (z.B. ein Jer-Zeichen ь; die Zeichen а, к; г für fr) [Vra-na 1961; Ъор^иЙ 1971; vgl. auch: Zelic-Bucan 1994].

Die Textstruktur der Povlja-Inschrift unterscheidet sich vor allem durch das Fehlen der Invocatio und der Zeitangabe; außerdem bezieht sich die Hauptmitteilung nicht auf eine Kirchengründung etwa durch einen Gaufürsten, sondern auf zwei Schenkungsakte von zwei weltlichen Personen an eine zu erneuernde Kirche, von einem Baumeister (моистрь радон^ 'Meister Radonja') und einem Fürsten (Бречько кнезь (отокомь) 'Brecko, Fürst der Inseln'). Die Inti-tulatio und die Hauptmitteilung sind klar: der Baumeister Radonja wird zum Stifter der Kirche durch seine Arbeit, der Fürst der Inseln Brecko — durch die Schenkung der Ländereien4. Die Funktion der beiden wird jedoch als ч[?] стьникъ bezeichnet, was gewisse Deutungsschwierigkeiten bereitet und zu zwei für das 12. Jh. denkbaren Konjekturmöglichkeiten führt, nämlich честьникъ (< чАстьникь) oder чьстьникъ. Für die erste sprechen sich z.B. [Racki 1881; Ъо-ровий 1921; Katicic 1999; Steindorff 2005] aus, für die zweite — z.B. [Vego 1962]5.

Die -никъ Derivate der Lexeme часть 'церод; Teil' und чьсть 'ицл; Ehre', die im Stokavischen eigentlich sowohl phonetisch часть никъ > cesnik vs. чьстьникъ > cbsnik > casnik, als auch semantisch 'particeps' vs. 'magistratus' auseinander gehalten werden sollten, wurden trotzdem im mittelalterlichen dalmatinischen, bosnischen und serbischen Schrifttum zu Homographen (wohl mit der Anlehnung an die orthographischen Systeme, die die bulgarisch-makedonische Vokalisierung ь > e widerspiegeln); dieser Zustand ist im «Rjecnik hrvatskoga ili srpskoga jezika» der Jugoslavischen Akademie in Zagreb festgehalten [Danicic (ed.) 1880—1882: 947]. Im Caka-vischen, zu dem auch die heutige Mundart von Povlja gehört, wäre übrigens schon im 12. Jh., also auch auf dem Povaljski natpis, die Entwicklung часть никъ > * casnik zu erwarten; jedoch ist die letztere

4 Vgl. jedoch: «Der Fürst Brecko erscheint als Ktitor und Meister Radonja erscheint als Bauherr» [Чиго|а 1998: 18].

5 «Rijec cbstnikb ima znacenje ktitora i odnosi se na kneza Brecka ko-ji je obnovio crkvu i darovao joj posjede» [Vego 1962: 260].

Form nirgendwo belegt6. Es ist deutlich, daß die Lesung Vegos ihr Ziel verfehlt, falls sie die Ableitung von чьсть unterstellt, den semantischen Unterschieden zwischen den Homographen keine Rechnung trägt und eigentlich die nichthaltbare Gleichsetzung magistratus = ктитор vorschlägt. Die andere Lösung basiert darauf, daß das Wort честьникъ (< члстьникъ) in der slavistischen Forschung als noch urslavische Ableitung vom Substantiv часть 'Teil' einstimmig interpretiert wird [Slawski (ed.) 1976: 195]. In der Bedeutung 'parti-ceps; Besitzer eines Anteils' ist es dem Altpolnischen und Alttschechischen bekannt und kommt genau in dieser Bedeutung auch in der Povaljska listina vor (in einer in Split ausgestellten kyrillischen Urkunde aus dem Jahr 1250, die sich auf mehrere Stiftungsakte bezüglich des Benediktinerklosters des hl. Johannes in Povlja bezieht) [Ra-cki 1881: 208]7:

(2) Радовань м(илин)ищь npt се на хльмьчани у малихь локьвахь, и сьтвори имы судьбину и вьзискаше цлеза за судьбину ущивене у ... .е. спуди пьшенице. бы тому цлезу поручь-никь доброна хранотищь, радидругь, драг-шань. и р'Ъше вси чесници: кьто (не) да усу приставьщину , да не буде чесникь у локьве. и не да у ту прьставьщину сто'Ънь радеше-

6 Die Cakavischen Povlja liegen eigentlich im stokavisch-Cakavischen Interferenzgebiet auf der Insel Brac [Hraste 1940; 1951]; ihr Idiom ist im «Cakavisch-deutschen Wörterbuch» berücksichtigt, wo wir heute in der Bedeutung 'Teilhaber' nur das Lexem dilnik finden [Hraste, Simunovic 1979: 148; Simunovic 2009]. Das Wort cast, -i f. mit der lautgesetzlichen Cakavischen Entwicklung > a (ähnlich wie in casto, zaja) ist dagegen in den nord-Cakavischen Mundarten Istriens belegt [Skok 1971: 313].

7 Vgl. die moderne kroatische Abschrift in [Malic 2002: S. 638-641]: Radovan M[ihov]ic pri se na Hlmcani u Malih lokvah i satvori jimi sudbinu i vaziskase cleza za sudbinu, uscivene u [Cetiri] spudi psenice. Bi tomu clezu porucnik Dobrona Hranotic, Radidrug, Dragsan. I rese vsi Cesnici: «Kto ne da u tu prstavscinu, da ne bude Cesnik u Lokve. I ne da u tu prstavscinu Stojan Radesevic, Budilic Radun, Drasko Dlgonic, Mirko Miresevic». I prodah ja Dobrona opatu Ratku jih Cest za to porucje.

8 Pristavstina, f. 'der Anteil, den 'Cesnik' zu bezahlen hat'; nur aus der Povaljska listina bekannt [Maretic (ur.) 1935: 157].

вищь, будилищь радунь, др(ашько) дльго-нищь, мирько мирешевищь. и продахъ k доб-рона опату ратьку ихь честь за то поручье. 'Radovan M(ilini)c klagte gegen Bewohner von Hlm in Mali Lokve und man richtete über sie und hat Gerichtsgebühr erhoben in 6 Weizenmaße. Der Bürge dafür war Dobrona Hranotic, Radidrug, Dragsan. Und sagten alle Teilnehmer: wer nicht den ganzen Anteil gibt, soll kein Anteilbesitzer in Lokve bleiben. Und Stojan Radesevic, Budilic Radun, Drasko Dlgonic, Mirko Miresevic gaben keinen Anteil. Und verkaufte ich, Dobrona, dem Abt Ratko ihren Anteil für diese Gebühr'.

Eindeutig gehört das Lexem честьникъ 'particeps; Besitzer eines Anteils' im 12. Jh. der vermögensrechtlichen Terminologie an. Was könnte jedoch die eigentliche kirchenrechtliche Bedeutung von бъ^и честьникъ црькъв'Ъ 'Anteil an Kirche gewinnen' in Po-valjski natpis sein?

Wie bekannt, diente in beiden Weltkirchen das Stiftertum vor allem dazu, «über eine Grabstätte in der eigenen Stiftung zu verfügen und sich die Memoria, das Seelenheil des Stifters durch liturgisches Totengedenken zu sichern» [Steindorff 2005: 18]. Nun ist auch bekannt, daß in katholischen Gebieten, u.a. im mittelalterlichen Istrien, Kroatien und im Hinterland der romanisch besiedelten dalmatinischen Küstenstädte, «ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen dem reichen Inschriftenerbe, der intensiven Bautätigkeit und der seit der fränkischen Zeit entwickelten Praxis des Eigenkirchenwesens besteht» [Steindorff 2005: 18, mit Literatur]. Eine Eigenkirche (ecclesia propria) unterstand einer Eigenherrschaft des weltlichen Kirchengründers nicht nur geistesrechtlich, sondern auch vermögensrechtlich: der Überschuß an den bei der Kirche eingeflossenen Erträgen kam dem Eigentümer zu, und so waren die Eigenkirchen nicht nur ein gottwohlgefälliges Werk, sondern auch Kapitalanlagen des Mittelalters [Wood 2008]. Obwohl das Eigenkirchenrecht der Laien im 12. Jh. in ein Patronatsrecht umgewandelt wurde und seitdem ein Rückgang des Eigenkirchenwesens an der Adria-Ostküste belegt werden kann [Steindorff 2005: 22], könnte man den Povaljski natpis mit seiner possessiven vermögensrechtlichen Terminologie als ein Beleg für den überlebten und den lokalen Verhältnissen auf der Insel Brac angepaßten kollektiven Kirchenbesitz, für das kollektive Eigenkirchenrecht

betrachten (vgl. да (не) буде чесникь у локьве 'soll kein Anteilbesitzer in Lokve bleiben' = да буду честъникъ се! црькъвЪ 'um Anteil zu gewinnen an dieser Kirche').

Dann wäre auch die neulich vorgeschlagene Interpretation, der Meister Radonja arbeite «für den Lohn Gottes», «um Gott, des Herren willen» und nehme dafür keinen Lohn, die auf «Analogiefallen unbezahlter Arbeit als Stiftungsleistung aus altrussischen Quellen» basiert [Steindorff 2005: 26], nicht ohne weitere Parallele aus dem Ost-Adria-tischen katholischen Raum zu akzeptieren. Eher ist Radonjas Arbeit, wie auch die Breckos Ländereien als ihre приставьщина, ихь честь «ihr Anteil» im vermögensrechtlichen Sinne zu interpretieren; vielleicht war ihr Anteil an der Kirche sogar veräußerlich. Vom in der orthodoxen Kirche verbreiteten pv/iKav-Konzept würde sich der auf Brac vollzogene Stiftungsakt dadurch zwar wesentlich unterscheiden, hätte aber seine Parallelen in der westeuropäischen Kulturwelt.

Selbstverständlich ist weitere multifaktorielle Analyse zu diesem breiten multidisziplinären Forschungsfeld wünschenswert: politische und kulturelle Kräfte wie Byzanz, Bulgarien, Serbien (mit Raska, Zeta und Hum), Kroatien (mit Narentania), Ungarn, Venedig und das Kreuzrittertum; die katholische und orthodoxe Kirche; das Mönchtum; das Kirchenrecht und das traditionelle slavische Recht; das lateinische, griechische und slavische Schrifttum; die kyrillo-methodianische glagolitische Tradition in ihrer orthographischen Entwicklung vom runden zum eckigen Typ; das innovative kyrillische Schrifttum in zwei Ausprägungen: dem west- und ost-, Hum- und Raska-Typ; die Besonderheiten der Sprache der liturgischen Bücher, der fürsterlichen Kanzleien und der Inschriften; das phonologisch und morphologisch belegbare Entstehen der modernen südslavischen Sprachen in ihrer dialektalen Vielfalt und in ihrem komplexen Verhältnis zu Ethnisierungsprozessen in Südosteuropa usw. usf. Eins ist jedoch klar: auf keinen Fall dürfen die hier nur angedeuteten Probleme im engen Rahmen einer «Nationalsprache», «Nationalgeschichte», «Nationalliteratur» usw. behandelt werden, sondern nur im breiten Feld der vergleichenden slavi-stischen und südosteuropäischen Forschung, die sich immer an den gesamteuropäischen Sprach- und Kulturtypologie orientiert und die vielseitige Einbindung der südslavischen Kulturen in den Zusammenhang der gesamteuropäischen Kultur verdeutlicht.

Literatur

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