УДК 81'34
SUPRASEGMENTALE BESONDERHEITEN DES HEUTIGEN STANDARDDEUTSCH
Т. А. Гордеева, П. Б. Тишулин
Рассмотрены вопросы изучения супрасегментного уровня немецкого литературного языка в его региональных вариантах в Германии, Австрии и Швейцарии. Описываются результаты комплексного анализа супрасегментных характеристик звучащих немецких текстов на границах значимых единиц речи с учетом позиционных и синтагматических факторов.
The article analyzes issues related to studying suprasegmental level of literary German in its regional varieties in Germany, Austria and Switzerland. It describes the findings of a complex analysis of suprasegmental features in recorded German texts on the borders of units of speech with due account taken of positional and syntagmatic factors.
Die gegenwärtige Entwicklungsstufe der Sprachwissenschaft ist durch das steigende Interesse zum Problem der Erforschung verschiedener Aspekte des Sprechkontinuums gekennzeichnet. Eine der Richtlinien, die in der letzten Zeit eine besondere Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen hat, ist die Untersuchung des Mechanismus der wichtigsten Prozesse, die die innere Struktur und Dynamik der Sprecherscheinungen bestimmen. Sowohl in Russland als auch im Ausland wird heutzutage im Bereich der Pragmatik bezüglich der interkulturellen und intersprachlichen Kommunikation sehr intensiv untersucht, weil gerade dieser Bereich der menschlichen Kenntnissen fast gänzlich unerforscht bleibt. Bei der Erforschung der aktuellen Sprechtätigkeit muss man eine Reihe von unterschiedlichen Faktoren in Betracht ziehen, die die kommunikative Sprachverwendung beeinflussen [3].
Es geht um phonetische Mittel zur Abgrenzung von Bedeutungseinheiten innerhalb des Redestroms, die bei der Perzeption der gesprochenen Sprache eine entscheidende Rolle spielen. Auch bei der Lösung verschiedener Probleme, die bei der automatischen Sprachsegmentierung sowie bei der Analyse und Synthese der deutschen Rede entstehen, hat die Beschreibung der Systemmodifikationen dieser Mittel eine große praktische Bedeutung.
Im vorliegenden Aufsatz werden Ergebnisse von Untersuchungen der Spezifika des Funktionierens des phonetischen Systems der deutschen Standardsprache auf der suprasegmentalen Ebene im Hinblick auf verschiedene regionale Varianten der deutschen Gegenwartssprache beim Hörverstehen, unter Berücksichtigung syntagmatischer, positioneller und regionaler Faktoren, dargelegt. Prinzipiell ist es wichtig, dass die Frage nach dem Vorhandensein von Varianten im Bereich der Grenzerscheinungen in vier deutschsprachigen Regionen (in der ost- und westdeutschen, österreichischen und schweizerischen Region) beim Hörverstehen unter Berücksichtigung der prosodischen Eigenschaften der Sprache zum ersten Mal in der Germanistik gestellt wird. Diese Arbeit ist die erste Untersuchung auf dem Gebiet der Bestimmung, Beschreibung und Systematisierung von Grenzerscheinungen auf der suprasegmentalen Ebene in verschiedenen regionalen Varianten der deutschen Standardsprache an den Grenzen linguistischer Einheiten wie Phonoabsätze, Phrasen, Syntagmen und phonetische Wörter.
Mit Blick auf den gegenwärtigen Stand der Entwicklung phonetischer Untersuchungen ist es kaum mehr möglich, das Sprechkontinuum zu erforschen, ohne den Segmentierungsprozess in Betracht zu ziehen. Grundlage jeder typologischen Forschung ist die Gliederung der Objektsysteme und deren Gruppierung mit Hilfe eines verallgemeinerten Modells in verschiedene Typen [2]. Damit wird das Phänomen der Segmentierung zu einer notwendigen Voraussetzung für die weitere Untersuchung von Merkmalen, Beziehungen und Funktionen, die das betreffende Objekt charakterisieren. In unserer Untersuchung lassen wir uns von diesem Prinzip in Anwendung auf deren Gegenstand - das phonetische System der deutschen Sprache - leiten. Die suprasegmentale Ebene wird hier durch Bestimmung und Beschreibung der Merkmale analysiert, die die Grenzpositionen im Sprechkontinu-um markieren und somit als Grenzsignale auftreten. Dabei werden die Hauptpostu-late der gegenwärtigen Variationstheorie berücksichtigt (Systemkonzept, Verhältnis von Konstanz und Varietät, Erforschung des phonetischen Systems der deutschen Sprache als einer konstanten Ganzheit).
Die wichtigste theoretische Voraussetzung unseres Ansatzes ist die folgende Feststellung, die von der modernen Sprachwissenschaftler anerkannt ist: die Einheit des Systems einer Standardsprache setzt die Identität ihrer regionalen Varianten nicht voraus, sie wird unter Berücksichtigung charakteristischer konstanter und distinktiver Eigenschaften realisiert [1].
Als Forschungsmaterial wurden 150 authentische deutsche Texte analysiert, deren Tonbandaufnahme ca. 3,5 Stunden dauert. Es wurde eine Reihe von komplexen Experimenten durchgeführt, an denen Träger der regionalen Varianten des Deutschen sowie russische Informanten - erfahrene Sprachdozenten und Germanisten - teilnahmen. Die auditive Analyse wurde im Sprachlernzentrum der Universität Bonn durchgeführt. Daran beteiligten sich Dozenten und Studenten der Universität (n = 20).
Zur Durchführung der suprasegmentalen Analyse wurde ein spezielles Verzeichnis von Merkmalen zusammengestellt, das folgende Aspekte beinhaltet: Melodie, Tempo, Lautstärke, Betonung und Pausierung. Jedes suprasegmentale Merkmal wurde in folgenden modifizierten Varianten analysiert:
Melodie: fallend - schwebend - steigend;
Tempo: schnell - mäßig (mittel) - langsam;
Lautstärke: laut - mäßig (mittel) - leise;
Betonung: max. akzentuiert - mäßig (mittel) - min. akzentuiert;
Pausierung: lang - mäßig (mittel) - kurz
Vor dem Beginn des Hörens erhielten die Teilnehmer des Experimentes einen Fragebogen (bzw. eine Tabelle), wo sie mit Hilfe eines speziellen Markierungssystems den Charakter der Modifizierung jedes zu analysierenden suprasegmentalen Merkmals zu vermerken hatten.
Die Bearbeitung der Ergebnisse erlaubte es, bestimmte Gesetzmäßigkeiten bei der Verteilung und Realisierung prosodischer Merkmale an den Grenzen linguistischer Einheiten festzulegen, und sowohl allgemeine Merkmale, die für alle regionalen Varianten der deutschen Sprache typisch sind, als auch spezifische Merkmale, die für eine spezielle Region kennzeichnend sind, herauszustellen.
Die Auswertung der von den russischen Probanden (n = 5) erhaltenen Ergebnisse hat bestätigt, dass die auditive Segmentierung des Sprechkontinuums in Übereinstimmung mit der phonologischen, im Sprechsignal enthaltenen Infor-
mation vor sich geht. Das Sprachsystem versieht die Sprechwelle mit spezifischen Begrenzungen, die bei der Perzeption der gesprochenen Sprache bestimmend sind.
Zur statistischen Auswertung der erhaltenen Ergebnisse wurde das modifizierte mathematische Stjudent-Kriterium angewandt. Prozentwerte wurden differenziert, d.h. abhängig von der konkreten Modifizierung jedes Merkmals und im binaren Vergleich der regionalen Varianten der deutschen Sprache betrachtet. Nach der mit Hilfe dieses Kriteriums erfolgten Bewertung der Abweichung des Markierungsgrades der Merkmale wurde entschieden, ob ein Merkmal in jeder einzelnen Grenzposition ein positives (bei Vorhandensein einer Abweichung) oder negatives (bei Fehlen einer Abweichung) Grenzsignal für die zu vergleichenden regionalen Varianten darstellt. Die durchgeführte Untersuchung ergab, dass positive Grenzsignale darauf hinweisen, dass sich die verglichenen Varianten der deutschen Gegenwartssprache durch die Realisierung eines konkreten Merkmals in einer gegebenen konkreten Grenzposition, die das zu analysierende Segment (in diesem Fall die Silbe) einnimmt, unterscheiden (z.B. ein melodisches Merkmal in der Endposition oder ein temporales Merkmal in der Anfangsposition in Syntagmen usw.). Negative Grenzsignale deuten darauf hin, dass es keine Unterschiede bei der Realisierung eines bestimmten Merkmals in den regionalen Varianten gibt.
Dank der Forschungsergebnisse gelang es uns, die Spezifika des Funktionierens der suprasegmentalen Ebene der deutschen Gegenwartssprache unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren (syntagmatischer sowie regionaler) mit den Begriffen der prosodischen Merkmale adäquat zu beschreiben. Die Schlussfolgerung über das Vorhandensein von Systemmodifikationen der Merkmale der phonetischen Gliederung des Sprechkontinuums und über den Charakter dieser Modifikationen leisten einen bedeutenden Beitrag zur Lösung einer Reihe von Problemen. Zunächst sind das allgemeine theoretische Probleme der Sprechperzep-tion, Probleme der sprachlichen Varietäten, Probleme der theoretischen Phonetik und Phonologie sowie eine Reihe von Problemen der Ingenieurlinguistik (Fragen der Sprechanalyse und -syntese, des Funktionierens der Systeme der automatischen Sprecherkennung).
Die gewonnenen Daten gelangen in Vorlesungen für Studenten sowie in Lehrmaterialien für theoretische Phonetik der deutschen Sprache und bei der Vorbereitung von Jahres- und Diplomarbeiten zur Anwendung. Die Daten über den Charakter der Modifizierungen der suprasegmentalen Merkmale sind in computergestützte Lehrprogramme aufgenommen und im Unterrichtsprozess zur Entwicklung bei den Studenten der richtigen Aussprachenorm und zur Steigerung ihres Interesses für das Fremdsprachenstudium insgesamt ausgenutzt.
Es wird geplant, die Untersuchungsergebnisse auch für Ausarbeitung phonetischer Programme zur Synthese der deutschen Sprache zwecks Verbesserung der Qualität der synthetisierten deutschen Rede zu verwenden.
Literaturverzeichnis
1. Gordejewa, T. A. Segmentale Besonderheiten im gegenwärtigen Standarddeutsch in Deutschland, Österreich und der Schweiz (Ergebnisse einer experimentell-phonetischen Untersuchung) / T. A. Gordejewa // Phonetica Francofortensia 7. - Frankfurt am Main, 1999. - S. 21-32.
2. Potapova, R. K. Rede: Kommunikation, Information, Kybernetik / R. K. Potapova. -Moskau : URSS, 2009. - 594 s.
3. Potapova, R. K. Kommunikative Sprechtätigkeit / R. K. Potapova, V. V. Potapov. -Köln, Weimar, Wien : Böhlau Verlag, 2011. - 312 s.